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Auszug - Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung - Vortrag von Prof. Dr. Wolfgang Schröer (Universität Hildesheim)  

Sitzung des Ausschusses für Soziales, Jugend und Integration
TOP: Ö 6
Gremium: Ausschuss für Soziales, Jugend und Integration Beschlussart: (offen)
Datum: Di, 14.03.2017 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 18:00 - 21:00 Anlass: Sitzung
Raum: Sitzungssaal Gustav Struckmann
Ort: 31134 Hildesheim, Markt 1
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Frau Schwarzer erklärte, dass der aktuelle Bericht "Zwischen Freiräumen, Familie, Ganztagsschule und virtuellen Welten - Persönlichkeitsentwicklung und Bildungsanspruch im Jugendalter" erst ca. 6 Wochen zuvor veröffentlicht worden sei und die aktuelle Lage junger Menschen in Deutschland vorstelle. Politik und Verwaltung seien aufgefordert, die Ergebnisse aufzugreifen und die bestehenden Angebote auf Aktualität und Wirksamkeit zu prüfen.

 

Herr Prof. Dr. Schröer trug als einer der 12 Mitglieder der Sachverständigenkommission zum Kinder- und Jugendbericht die Quintessenz des Kinder-und Jugendberichts der Bundesregierung in Form der elektronisch beigefügten 10 Thesen vor und erläuterte diese. Der vollständige 575-seitige Bericht könne über die Website des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) heruntergeladen bzw. bezogen werden. Das Leitmotiv des Berichts laute "Jugend ermöglichen". (Anmerkung der Protokollführerin: Unter diesem Titel ist auch eine 88-seitige Broschüre des BMFSFJ erschienen.)

 

Frau Schwarzer fragte nach Empfehlungen für die Verwaltung u.a. in den Arbeitsbereichen Jugend- und Jugendsozialarbeit sowie Kinder- und Jugendschutz und nach den für die Politik besonders interessanten Ergebnissen. Herr Prof. Dr. Schöer meinte, dass in Hildesheim in der letzten Zeit bereits viele Initiativen gebe, die Jugend wieder stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Die verschiedenen Beteiligten seien nun in einer Struktur zusammenzubringen. Viele Jugendliche bezweifelten die Ernsthaftigkeit der Auseinandersetzung mit ihnen. Sie empfänden, dass ihnen die Zukunft oftmals nicht zugetraut werde. Zudem sei die Frage zu stellen, ob Jugendarbeit der Ort sei, an dem Jugend in der Stadt eine Stimme bekomme. Auch die Jugendverbände seien stärker einzubeziehen. Die Diskussion über das sog. Übergangssystem sei auch regional zu führen, das Gesamtsystem sei zu thematisieren. Es werde auch eine Strategie zur politischen Bildung benötigt.

 

Frau Schwarzer erkundigte sich nach evtl. Unterschieden im ländlichen und im städtischen Raum. Herr Prof. Dr. Schröer bestätigte spezifische Probleme des ländlichen Raums, entscheidend sei aber die Einstellung und Herangehensweise der einzelnen Kommunen.

 

Frau Angermann hielt es für notwendig, den Begriff der jugendgerechten Gesellschaft mit Inhalt und Leben zu füllen und hielt darüber hinaus die Erstellung eines Sozialatlas für wünschenswert.

 

Herr Hollenbach stellte fest, dass die Jugendhilfe oft an der Lebensrealität vorbei gehe und dass Jugendliche mit Erreichen der Volljährigkeit oftmals in die Krise entlassen würden. Die Ergebnisse des Jugendberichts müssten in die kommunale Arbeit eingehen.

 

Herr Prof. Dr. Schröer teilte mit, dass die Universität für die Zeit ab Sept. zusammen mit dem Jobcenter und der N-Bank ein Projekt zu langfristigen Erziehungshilfen in Hildesheim entwickelt habe. Das Bundesministerium habe seit zwei Jahren das Programm "Jugendgerechte Kommunen" aufgelegt. Das Problem sei aber vielschichtiger. Zum Beispiel fehlten bei den politischen Parteien inzw. die jugendpolitischen Programme.

 

Herr Brückner erkundigte sich bzgl. der Akzeptanz von Ganztagsschulen nach den Ergebnissen für Gesamt- und Gemeinschaftsschulen. Außerdem fragte er grundsätzlich nach Verbesserungsvorschlägen im Kinder- und Jugendbericht und nach einem möglichen Beitrag "wirklich demokratischer" Hochschulen. Herr Prof. Dr. Schröer betonte, dass die Zahl von Jugendlichen, die am Ganztagsbetrieb teilnehmen, an allen Schulformen ausgesprochen gering ausfalle, obwohl es hervorragende Schulen mit ausgezeichneten Modellen gebe. Der Begriff der demokratischen Schule und Hochschule müsse konkret definiert werden. Im Bericht seien zum Schluss 15 Punkte aufgelistet, die zur Weiterentwicklung gedacht seien. Diese sollten aber keine Einladung zum nächsten Projektstrang darstellen. Notwendig seien ein Gesamtkonzept und die Evaluation von Nachhaltigkeit.

 

Frau Oehlschläger erinnerte an die Jugendzentrums-Bewegung der 70er Jahre. Die Kinder- und Jugendhäuser der Gegenwart hielt sie für etabliert. Die Angebote sowohl von Ganztags- als auch von Berufsschulen müssten mit Inhalten gefüllt werden. Herr Prof. Dr. Schröer erklärte, dass für viele Kinder und Jugendliche die Kinder- und Jungendhäuser inzw. eine Art zu Hause darstellten. Zusätzlich seien aber andere Formen der Jugendarbeit in den Sozialräumen notwendig.

 

Frau Busche verwies hinsichtlich der jugendpolitischen Programme der Parteien auf deren Jugendorganisationen. Herr Prof. Dr. Schröer nannte als Beispiele für jugendpolitisch nicht ausreichend gesellschaftlich diskutierte Themen die Folgen des Aussetzens der Wehrpflicht, die Frage von G8 oder G9, die Angebote der Sozialen Dienste am Arbeitsmarkt oder die besonderen Sanktionen des SGB II. Frau Kriesinger vermutete, dass Jugendliche selbst evtl. andere Themen besetzen wollten. Auch Herr Prof. Dr. Schröer konnte sich für die Zukunft eine kooperativere Berichterstellung vorstellen.

 

Herr Aschemann bezeichnete die Ergebnisse des Berichts für ihn als Stadtjugendpfleger als ausgesprochen anregend. Vieles davon könne in der konkreten Arbeit vor Ort berücksichtigt werden. In Zukunft müssten verstärkt Beteiligungsmodelle entwickelt und angeboten werden. Mit der Freien Arbeitsgemeinschaft "Offene Kinder- und Jugendarbeit" sei eine Online-Befragung von Jugendlichen in Hildesheim durchgeführt worden. Diese Untersuchung werde im April zum Abschluss gebracht, und die Ergebnisse könnten im Ausschuss vorgestellt werden. Außerdem betonte Herr Aschemann die Notwendigkeit des Angebots von Kinder- und Jugendhäusern. Dort werde sehr intensive Arbeit geleistet.

 

Herr Spitzer wies darauf hin, dass das Jugendamt dem Landkreis Hildesheim zugeordnet worden sei und insoferndie darüber hinausgehenden Aufgaben mit Jugendhilferelevanz von der Stadt oftmals freiwillig wahrgenommen werden würden. Gleichwohl habe sich die Stadt Hildesheim trotz ihren finanziellen Restriktionen und fehlenden Zuständigkeit auf den Weg gemacht: Mit "communities that care" (CTC) werde eine Vollbefragung zu Risiko- und Schutzfaktoren durchgeführt. Außerdem würde ein Sozialatlas entwickelt. Der Ausschuss für Schule, Bildung und Sport befasse sich zudem mit den Themen Kombilandschaft und Übergangsmanagement. Außerdem werde zukünftig im Rat rregelmäßig  das Bildungs­monitoring beraten werden. Zudem legten die zahlreichen Handlungsfelder, die sich u.a. aus Migration und demographischem Wandel ergäben, eine Abkehr von der Sektoralpolitik hin zu einer sozialraumorientierten Politik nahe, die Zukunft liege im Quartier.

 

Herr Prof. Dr. Schröer betonte, dass die Kinder- und Jugendarbeit grundsätzlich keine freiwillige Leistung sei und befürchtete, dass die Jugendpolitik als Querschnittsaufgabe an Profil verlieren könne. Auch im Rahmen von Quartierspolitik müsse der besondere Stellenwert der Jugendpolitik beachtet werden.

 

Herr Störmer warf die Frage auf, ob für zufriedenstellende Ergebnisse die Haushaltsmittel in erster Linie falsch verteilt seien oder insgesamt nicht in ausreichender Höhe zur Verfügung stünden. Herr Prof. Dr. Schröer erklärte daraufhin, dass viele Jugendlichen nach Ablauf der Erziehungshilfen von staatlichen Transferleistungen z.B. nach dem SGB II leben würden.

 

Frau Angermann konstatierte, dass sie das Kinder- und Jugendhaus Drispenstedt, dessen breit gefächerten Angebote und die dort geleistete Sozialarbeit für diesen Stadtteil für unverzichtbar halte.

 

Herr Hollenbach hielt ein umfassendes Fallmanagement, das betroffene Jugendliche durch das gesamte Bildungssystem begleite, für sinnvoll. Auch er begrüße das niedrigschwllige Angebot der Kinder- und Jugendhäuser. Das Schul- und Bildungssystem habe mit der Dynamik, mit der sich die Arbeitsweltenrealität von Eltern verändert habe, nicht mithalten können. Herr Prof. Dr. Schröer betonte, dass sich besonders die Lebenslagen von Jugendlichen geändert hätten, was sich z.B. an der Verschiebung des Berufseintrittsalters zeige. Auch umfasse der Bericht ca. 100 Seiten zum Thema "Medien und Jugend", welches eine besondere Relevanz habe.

 

Frau Schwarzer sagte zu, dass die Diskussionsergebnisse mit in die Fraktionen genommen würden und äußerte die Erwartung, dass dies auch innerhalb der Verwaltung geschehe.


 

 


 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich 15. Kinder- und Jugendbericht (650 KB)      
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